Ulrike Müller-Hofstede | Der schweigende Blick. Anmerkungen zur Materialität und theologischen Konzeption der Pazzi-Madonna von Donatello

Mit Magdalena Bushart habe ich mich immer mal wieder über Materialitätsfragen und Glaubenskonzepte ausgetauscht – in kritisch-konstruktiven Diskussionen, die für mich von großem Gewinn waren. Mit meinen Überlegungen zu Donatellos Pazzi-Madonna möchte ich an diese Gespräche anknüpfen.

In der Berliner Ausstellung Donatello. Erfinder der Renaissance (SMB – Gemäldegalerie, 2022) lässt sich im Vergleich mit den anderen zeitgenössischen Madonnendarstellungen ähnlichen Formats gut erkennen, dass die Pazzi-Madonna wirkungsästhetisch einige Besonderheiten aufweist (Abb. 1): In einem perspektivisch verkürzten Rahmen, dessen Flächen Füllungen mit zart profilierten Rahmenleisten zeigen, erscheint eine halbfigurige Madonna, die sich dem Kind auf ihrem Arm zuwendet. Der Rahmen suggeriert Tiefenräumlichkeit und umfasst mit seinen feinen Linien beide Figuren, dient aber zugleich der Monumentalisierung der Gottesmutter. Deren leibliche Präsenz scheint der fluchtenden, Dinge und Figuren verkleinernden Perspektive zu widerstehen. Die sonst klaren, großzügigen Formen der Maria mit dem Christuskind sind im Bereich der Köpfe durch Überlagerungen so verdichtet, dass man nähertreten möchte, um den intimen Moment körperlicher Nähe zu erfassen. In melancholischem Ernst schaut Maria ihrem Kind in die Augen, dieses ergreift den Schleier der Mutter und erwidert lächelnd ihren schweigenden Blick. Marias Gesicht zeigt keine Empfindung, kein Weinen, ja nicht einmal Trauer: Donatellos Pazzi-Madonna ist mariologisch nicht nur als Gottesmutter und Gottesgebärerin, theotókos, aufgefasst, sondern auch als Prophetin.¹ Ihr allein erschließt sich das Geheimnis des göttlichen Heilsplans und die künftige Rolle des Kindes als Erlöser der Menschheit.

In den jüngsten Studien zur Pazzi-Madonna standen neben Donatellos – geometrisch nicht korrekter – zentralperspektivischer Raumkonstruktion auch der wirkungsvolle Einsatz der speziellen Tonalität des Marmors im Fokus, dessen flirrende Fleckigkeit auf eine Verlebendigung des Materials zu zielen scheint und dessen vermeintliche Einfarbigkeit konterkariert.² Im Folgenden sollen die Überlegungen zur Materialität weitergeführt und mit Donatellos Rezeption mittelalterlicher, d.h. im Kern byzantinischer Traditionen des Marienbildes und dessen Emotionalisierungsstrategien verbunden werden. Drei Untersuchungsfelder sind hierbei zu berücksichtigen:

1) Die Rolle von Madonnendarstellungen des Trecento – konkret von Gemälden sienesischer Maler. Diese zeigen eine starke Interaktion von Mutter und Kind und versuchen den Konflikt zwischen der Würde der ins Beinahe-Profil gewendeten Maria und der zärtlichen Zuwendung zu ihrem tatsächlich im Profil dargestellten Sohn zu bewältigen – eine Herausforderung, der sich auch Donatello stellte.³

2) Die für das erste Quattrocento-Viertel nicht eben übliche Entscheidung für ein Madonnenrelief in Marmor. In diesem Zusammenhang sind die Rolle des Materials, dessen Historizität, Rezeption und besondere Ästhetik, insbesondere im Zusammenhang mit den so genannten Steinikonen, zu prüfen.

3) Donatellos bildrhetorische Strategien: Wie gelingt es dem Bildhauer, die Zärtlichkeit und zugleich Affektlosigkeit des prophetischen Wissens der Madonna überzeugend zu fiktionalisieren?

Dass sich der Bildhauer an älteren Marienbildern orientierte und sie durch eine radikale Wendung ins Profil und die Fokussierung des Madonnengesichts transformierte, verdeutlicht der Vergleich mit den immer wieder aufgerufenen attischen Grabreliefs, die stille Abschiedsszenen zeigen. Von ihnen hätte Donatello durchaus das gerade, Stirn und Nase in einer Linie zusammenfassende Profil der Madonna und ihren ernsten, melancholischen Ausdruck übernommen haben können, allerdings waren römische Adaptionen griechischer Grabreliefs des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus ausgesprochen selten.⁴ Dass Donatello solche Arbeiten bekannt waren, ist unwahrscheinlich, visuelle Parallelen sind jedoch nicht von der Hand zu weisen. Im Hinblick auf das Thema und die mutmaßliche Funktion des Reliefs ist nach passenden Referenzen aber eher in christlichen Bildern zu suchen.

Der zärtliche Gestus der Maria in Donatellos Relief, das Aneinanderschmiegen der Wangen von Mutter und Kind entspricht dem vermutlich in Konstantinopel entstandenen Typus der Eleusa bzw. der Glykophilusa, einem Darstellungstypus, der sich im Westen ab dem Ende des 12. Jahrhunderts verbreitete.⁵ Ein berühmtes Beispiel hierfür ist die angeblich vom hl. Lukas gemalte, tatsächlich aber in Konstantinopel geschaffene Ikone der Gottesmutter von Wladimir (um 1130, heute Tretjakow-Galerie, Moskau, Abb. 2). Donatello dürfte italienische, vor allem von sienesischen Künstlern geschaffene Varianten dieses Typs gekannt haben. So zeigen Pietro Lorenzettis Fresko mit der Madonna, Franziskus und Johannes in der Unterkirche in San Francesco in Assisi (um 1320, Abb. 3) und seine Tafel in Cortona (um 1320, Museo Diocesano, Abb. 4) zwar statt einer Eleusa/Glykophilusa eine Hodegetria, sind aber doch von Bedeutung, da in beiden Darstellungen das fast ins Profil gewendete Antlitz Marias zu finden ist.⁶

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch in Ambrogio Lorenzettis berühmter Maestà für San Pietro all’Orto inMassa Marittima (Abb. 5) (ca. 1335, heute im Museo di arte sacra, Massa Marittima) ist der Kopf der thronenden Glykophilusa beinahe ins Profil gedreht – erstmalig aber gilt dies für das Christuskind.⁷ Dennoch möchte Ambrogio Lorenzetti offenbar die tradierte Kopfhaltung Marias nicht ganz aufgeben. Das spannungslos auf ihrem Arm sitzende Kind wirkt deshalb etwas unnatürlich an die Madonna ‚herangeschoben’ – die Intensität des Blicks in Donatellos Pazzi-Madonna und deren grazia erreicht die Darstellung nicht.

Fast scheint es, als hätte Donatello in Stein die weichen, gerundeten Formen des Kindes, zumal in der Linienhaftigkeit des rilievo schiacchiato ‚gezeichnet’ und Ambrogio Lorenzetti die Sprödigkeit der statuarischen Würdeformeln aus der Bildhauerei übernommen.⁸ Was das Verhältnis von Malerei und Bildhauerei anbelangt, so braucht man den in Florenz früh einsetzenden Paragone vielleicht nicht bemühen, um die Frage zu beantworten, ob Donatello seine Madonna in einem Akt der difficoltà vinta im schwierigen und härteren Stein umsetzen und Ambrogio Lorenzettis Madonna an Intimität und Lebendigkeit übertreffen wollte. Dennoch ist weder eine Auseinandersetzung Donatellos mit anderen Gattungen abzustreiten noch ein bewusst agonales Verhältnis zu den auch von Lorenzo Ghiberti bewunderten Lorenzetti-Brüdern auszuschließen, zumal alle im Format vergleichbaren marmornen Madonnenreliefs m. W. erst nach der Pazzi-Madonna entstanden.

Die Verwendung von Marmor geht wohl auf den Wunsch des nicht dokumentierten Auftraggebers zurück – und rekurriert auf die Steinikonen, die aus Byzanz über Venedig in den Westen gelangt waren.⁹ So waren an der Außenfassade der Markus-Kirche viele Spolien und Steinikonen, die nach der Plünderung Konstantinopels 1204 reichlich zur Verfügung standen, angebracht. Zu nennen ist hier vor allem die als Aniketos (die ‚Unbesiegbare’) verehrte Madonna, die eine Eleusa in ganzer Figur zeigt (Abb. 6). Bis zu ihrer Übertragung in die Cappella Zen 1503 hing sie über einem der Portale von San Marco. Ihre ursprünglich griechische Widmungsinschrift wurde als Hinweis darauf gedeutet, dass die Ikone aus jenem Stein gemacht sei, aus dem Moses Wasser für das dürstende Volk Israel geschlagen hatte.¹⁰ Mit den Stein- bzw. Marmorikonen verband sich nicht selten die Vorstellung vom plötzlichen Austreten heilkräftigen Wassers oder Öls. Überliefert ist, dass die hoch angesehene Marienkirche neben dem kaiserlichen Blachernai-Palast in Konstantinopel, in der auch der Mantel Mariens als Reliquie aufbewahrt wurde, über und über mit Ikonen aus verschiedenen Materialien ausgestattet war. Bei ihren rituellen Besuchen dort verehrten die Kaiser in der Kapelle des hl. Photeinos eine marmorne Gottesmutter, die „aus ihren Händen“ „heiliges“ Wasser fließen ließ.¹¹

Die Aufgabe der Madonnenbilder, Würde und Emotionalität zu verbinden, konnte – wie hoffentlich nachvollziehbar geworden ist – sowohl in Gemälden als auch in skulpturalen Reliefs erfüllt werden; bei letzteren leistete freilich das Material einen besonderen Beitrag. Die Materialwahl erfolgte innerhalb eines Referenzsystems, was weniger gut mit attischen Grabreliefs als mit Steinikonen wie der byzantinischen Aniketos zusammenzubringen ist. Diese ist auch ein Beispiel für die verbreitete Praxis, byzantinischen Ikonen durch Herkunftslegenden eine ehrwürdige ‚vetustas’ zu verschaffen. Das Ansehen wundertätiger Madonnenbilder aus Marmor – ob mit oder ohne Wasser/Öl-Austritt – dürfte für Donatello eine wichtige Rolle gespielt haben, zumal über das Material die ‚Aura‘ heiliger Bilder und ihre ursprüngliche Wirkung medial transportiert wurden. Ein erkennbar altes Marmorbild wie die Aniketos beanspruchte allein durch ihr Material und ihre Dinghaftigkeit Wahrheit und Wirklichkeit leiblicher Präsenz, die sie den Gläubigen durch die Anbringung über dem Kirchenportal und die Einbindung in Predigten, Gebete, Riten als quasi doppelt gefaltetes Abstractum sinnlich erfahrbar machte.¹² Im skulpturalen Bild verkörpert sich gleichsam eine Paradoxie: Es repräsentiert den Beginn des menschlichen Lebens Christi, zugleich erinnert es mit seinen verwitternden Konturen an dessen leibliches Ende.

Der Erfolg der Pazzi-Madonna, den mehrere in etwa zeitgenössische Gipsabformungen und viele im Motiv abweichende, aber ebenfalls aus Marmor gefertigte Madonnenreliefs belegen, kann also nicht allein auf ihre konkrete Funktion zurückgeführt werden. Für Donatello mochte sich die Aufgabe darin erschöpft haben, ein Bild für die häusliche Andacht herzustellen.¹³ So bleibt zu fragen, auf welche Besonderheiten die Rezeption von Donatellos Pazzi-Madonna Bezug nimmt. Schauen wir hierzu noch einmal auf die Differenzen zur Aniketos-Madonna und der Maestà Ambrogio Lorenzettis: Donatellos Maria neigt, im Unterschied zu den genannten Bildern, ihren großen Kopf zu ihrem Kind, aber nicht allein um das kleine Köpfchen und die Stirn des Kindes zu berühren, sondern um den Augenkontakt zwischen den beiden zu betonen (Abb. 7). Ein fokussiertes scharfes Sehen ist unter diesen Bedingungen unmöglich. Aber worum geht es dann? Keinesfalls – so darf man wohl annehmen – um physiologisch korrektes Sehen. Weder die Lider Mariens noch die des Christuskinds sind wie in vielen anderen Darstellungen gesenkt, beide scheinen sich tatsächlich in die Augen zu blicken. Inszeniert Donatello hier statt des realen Blicks ein prophetisches ‚Sehen‘? Ein Sehen, das als visuelle Metapher für die Prophetin Maria gefunden werden musste, da die Bildtradition für diesen Ehrentitel keine Attribute und Erkennbarkeit bereithielt? Es scheint durch die Fokussierung auf den allzu nahen Blick der Beiden gerechtfertigt, hier von dem kaum zu zu visualisierenden Konzept einer inneren Schau auszugehen. Dabei lässt sich nur vermuten, worauf sich Donatello konkret bezog bzw. beziehen wollte: Mit Maria verbindet sich beispielsweise das im Stundengebet gesungene ‚Magnificat‘, das sie als geisterfüllte Prophetin im Lukasevangelium (Lk 1,46–55) bei der Begegnung mit Elisabeth charakterisiert. Doch soll hier keineswegs ein allzu enger Text-Bildbezug konstruiert werden, zumal die Madonna im Relief zwar ‚sieht‘, aber schweigt. Vielmehr wird – zusammen mit der Physis der Augen und der damals viel diskutierten Durchsichtigkeit des Glaskörpers („corpus vitreum“) – das intensive, quasi durch die Augen hindurchschauende Blicken zum komplexen Zeichen einer Transzendenzerfahrung, ein Sehen auf Gott und in Gott hinein und damit ein Sehen, das sich zum Erkennen steigert. Donatello scheint der Opazität des Marmors zum Trotz die Augen als transparente Organe imaginieren zu wollen – nur Maria gelingt es durch sie von einem ‚Außen‘ in ein geheimnisvolles, sich künftig offenbarendes Geheimnis eines ‚Inneren‘ zu gelangen. Man ist versucht, die auf hochmittelalterliche Mystik zurückgehende Metapher vom ‚Auge als Fenster zur Seele‘ geltend zu machen. Auch an andere mystische Sprachbilder wie die Meister Eckharts ist hier zu denken, auch wenn dessen Schriften in Italien offenbar unbekannt waren. Bei ihm avanciert das Auge zu einem zur Erkenntnis und sozialen Handlung befähigendem Organ und steht für die gegenseitige Liebe von Gott und Gläubigen. In einer der Predigten heißt es: „Das Auge, in dem ich Gott sehe, das ist dasselbe Auge, darin mich Gott sieht, mein Auge und Gottes Auge, das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Lieben.“¹⁴ Auch Donatello macht Liebe, Sehen und Erkennen zum Thema; Maria wird zur ‚Erwählten‘, zur Prophetin, ohne dass dies der Zärtlichkeit ihrer mütterlichen Liebe Abbruch tun würde. Der Bildhauer appelliert geschickt an Alltagserfahrungen – und konterkariert sie gleichzeitig durch den schweigenden Blick seiner Madonna, er arbeitet mit subtilen Linien, mit der Perspektive, mit Schichtungen und Überlagerungen und gibt seinen Figuren auf diese Weise trotz des extrem flachen Reliefs eine fast dreidimensionale Körperlichkeit. Der rundliche Leib des Kindes ist überlagert von Marias rechtem Arm und ihrer großen, schönen Hand. Im souveränen Umgang mit dem Material macht er nicht nur die Stofflichkeit des dünnen Schleiers und des dickeren Mantels deutlich, sondern fiktionalisiert die Augen als durchsichtige Glaskörper und den Reliefgrund als Raum. Dieser wirkungsästhetische Aspekt greift in alle anderen genannten Aspekte der Materialität ein; seine Bedeutung und Reichweite konnten in diesem kurzen Essay nur angedeutet werden.

 

 

Bildnachweise

Abb. 1 und 7: Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst / Antje Voigt, CC BY-NC-SA 4.0; Abb. 2: gemeinfrei – WikiCommons (Link); Abb. 4: Sailko, CC BY-SA 4.0 – WikiCommons (Link); Abb. 5: gemeinfrei – WikiCommons (Link); Abb. 6: Camillo Boito, Ferdinando Ongania: La Basilica di San Marco in Venezia, Venedig 1881-1893

 

Empfohlene Zitation / Suggested citation: Ulrike Müller-Hofstede, Der schweigende Blick. Anmerkungen zur Materialität und theologischen Konzeption der Pazzi-Madonna von Donatello, in: Dialoge. Magdalena Bushart zum 65. Geburtstag, hrsg. Henrike Haug, Andreas Huth, Veronica Biermann, Oktober 2023, https://dialogemb.hypotheses.org/971 [Abrufdatum / Date of Access].

 

1. Mit dem Ehrentitel ‚Prophetin‘ wurde Maria vor allem in der patristischen Theologie bezeichnet. Mit zahlreichen Nachweisen dazu: Alois Grillmeier, Maria Prophetin. Eine Studie zur patristischen Mariologie, in: Revue des études augustiniennes, 2 (1956), S. 296. [↩]
2. Neville Rowley, Donatello berlinese, Rom 2022, S. 20-29; Neville Rowley, Madonna Pazzi, in: Donatello. Erfinder der Renaissance, Leipzig 2022, S. 156; Frank Fehrenbach, Coming alive: some remarks on the rise of „monochrome“ sculpture in the Renaissance , in: Source, 30/3 (2011), S. 47–55, hier: S. 51-53; Frank Fehrenbach, Rilievo schiacciato: Donatello und die Kräfte der Skulptur, in: Donatello. Erfinder der Renaissance, Leipzig 2022, S. 58-67. Frühere Literatur zur Pazzi-Madonna: Ronald G. Kecks, Madonna und Kind: das häusliche Andachtsbild im Florenz des 15. Jahrhunderts, Berlin 1988, S. 40; Anna Jolly, Madonnas by Donatello and his circle, Frankfurt am Main 1998, S. 28–29; Arthur Rosenauer, Donatello, Mailand 1993, S. 89-90, 105; Horst W. Janson, The Sculpture of Donatello, Princeton 1957, Bd. 1, S. 44-45. [↩]
3. Janson wies zuerst auf die Bedeutung der Werke Ambrogio Lorenzettis für Donatello hin, Janson 1957 (wie Anm. 2), S. 45; zum ernsten Gesichtsausdruck der Madonna: Rosenauer 1993 (siehe Anm. 2), S. 89-90. [↩]
4. Ein hadrianisches Relief vom sogenannten Arco di Portogallo in Rom , das wohl im ganzen Mittelalter bekannt war, zeigt die Apotheose der verstorbenen Kaiserin Sabina mit dem sitzenden Hadrian im Profil. Der Kaiser ist parallel zum Reliefgrund gesetzt wie Donatellos Madonna, zeigt aber nicht das ‚griechische‘ Profil, wie es etwa Figuren auf attischen Grabreliefs aufweisen; Phyllis Bober, Ruth Rubinstein, Renaissance artists & antique sculpture: a handbook of sources, London 1986 , S. 227 und 228, Abb. 195A. [↩]
5. Isabelle Engammare, The appearance of the motif of the „Virgo Glykophilousa“ in western manuscripts and the „Mulier vidua“ of San Clemente in Rome , in: Omnia disce: medieval studies in memory of Leonard Boyle, O.P., hrsg. von Anne Duggan, Aldershot 2005, S. 29–40, hier S. 29. [↩]
6. Donatello dürfte diese oder vergleichbare Kopien der Tafel Pietro Lorenzettis gekannt haben, die Handhaltung Mariens und das Kinderfüßchen in Untersicht ähneln denen der Pazzi-Madonna auf frappierende Weise. [↩]
7. Janson 1957 (siehe Anm. 2), S. 45. [↩]
8. Zum ‚rilievo schiacciato‘ zuletzt: Fehrenbach 2022 (siehe Anm. 2), S. 58-67, zur Linienhaftigkeit: S. 60. [↩]
9. Hierzu vor allem Hans Belting, Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst. München 1990, S. 115–116. [↩]
10. Belting 1990 (siehe Anm. 9), S. 224. Das Relief wurde von dem griechischen Ehepaar Michael und Irene in Auftrag gegeben. Die ursprüngliche Inschrift lautet: „Das Wasser, das einst wunderbarerweise aus dem Felsen floß, wurde durch des Propheten Moses‘ Gebet hervorgebracht. Jetzt verdanken wir es dem Eifer Michaels, den Du Christus, gemeinsam mit seiner Frau Irene wolltest.“; zit. n. Belting 1990 (siehe Anm. 9), S. 224. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Ikone in die Marmorvertäfelung der Kapelle integriert, welche die Prokuratoren aus dem Legat des Kardinals Battista Zen in Auftrag gaben. Eine lateinische Wiederholung des Wortlauts der ursprünglichen Inschrift wurde dieser hinzugefügt; Belting 1990 (siehe Anm. 9), S. 226. [↩]
11. Belting 1990 (siehe Anm. 9), S. 212. [↩]
12. In der Ostkirche bedeutete das Marmorrelief noch mehr leibliche Präsenz als in der Westkirche, aufgrund des byzantinischen Skulpturverbots plastischer Figürlichkeit. Vgl. Walter Puchner, Performanz und Imagination in der Oralkultur Südosteuropas, Wien/Köln/Weimar 2017, S. 352. [↩]
13. Zur Funktion des häuslichen Andachtsbildes in Italien: Kecks 1988 (siehe Anm. 2), S. 40. [↩]
14. Meister Eckart, Predigt 13, Qui audit me, in: Meister Eckhart: Deutsche Predigten und Traktate, 2, Bd.e, Bd. 1: Predigten, hrsg. u. übers. v. Josef Quint, Frankfurt am Main 1993, S. 216. [↩]

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